Christkind vs. Weihnachtsmann

Ein Friedensangebot

 

Ich will versuchen, beide Konfliktpartner zu verstehen. Der Weihnachtsmann hat einen komplizierten Stammbaum. Da gab es zuerst den keltischen Knecht Rupprecht, der die Sonne über den Himmel zu ziehen hatte. Von ihm erbte der Weihnachtsmann die warme Kleidung und die Rentiere mit dem Schlitten. Ein Werbegrafiker von Coca-Cola gab ihm sein jetziges Outfit: rot und bauchig wie eine Flasche. Vom Nikolaus bekam er die Aufgabe, Geschenke zu bringen. Das tut er in unseren Breiten vornehmlich in Einkaufszentren, ausgerüstet mit dem spärlichen Wortschatz eines Rentiertreibers: „Ho ho ho.“ Diese Arbeit soll der Nikolaus dem Weihnachtsmann auch nicht streitig machen. Damit man den Nikolaus nämlich erkennt, müsste er liturgische Kleidung tragen. Damit passt er aber in die Kirche, nicht ins Kaufhaus. Außerdem hatte Bischof Nikolaus eine Geschichte zu erzählen und hätte uns auch heute etwas zu sagen. Zum Beispiel von seinem Einsatz für ungerecht Verurteilte (wie in der Urlegende von den drei Feldherrn), oder von seinem Kampf gegen Prostitution (in der Erzählung von den drei goldenen Kugeln). Um diese geistige Tradition fortzusetzen, müsste er heute allerdings als Sandwichmann, für amnesty international oder das Caritashilfswerk LENA auftreten. Aber dann würde den Heiligen vermutlich niemand erkennen.
 

 

Auch das Christkind mit Löckchen und Glöckchen inmitten von Flöckchen sollte sich im Kaufpalast nicht aufdrängen. Kinder kommen für einen „Christkind-Job“ im Kaufhaus schließlich nicht in Frage, da Kinderarbeit verboten ist. Ebenso wenig erfüllen attraktive junge Damen, die mit Reizen nicht geizen und sonst für fast alle Anlässe passen, das Christkind-Klischee.
Wobei sich über dieses Klischee streiten lässt. Denn als das Christkind, dieses engelähnliche fliegende Wesen, Hochkonjunktur hatte, hatten die Kinder keine Ahnung, dass sich daraus Jesus von Nazareth entwickelt haben sollte. Die Menschlichkeit Gottes war mitsamt seiner sozialen Botschaft von den Glöckchen zugeklingelt. Das Christkind sollte also in der Familie die Geschenke bringen, und nicht im Kaufhaus. Aber es soll ein anständiges Christkind sein, das sich nicht sehen lässt.
 
Daher lautet meine FRIEDENSFORMEL:

 

Liebe Christkind-Fans, überlasst dem Weihnachtsmann das Kaufhaus!
Dafür bitte ich die Freundinnen und Freunde des Weihnachtsmannes, die familiären Wohnzimmer als „Christkindlschutzzone“ zu respektieren.
Dann ist eine friedliche Koexistenz in Zukunft möglich.

 

Außerdem sollte es in den Wohnzimmern eine Krippe geben. Und zwar eine, die so aussieht, dass man ihre Botschaft glauben kann. Eine Krippe wie Franz von Assisi sie wollte, der uns diese Idee geschenkt hat. Die Botschaft der Krippe ist:

 

Gott kommt uns als Kind entgegen,
nicht mächtig, sondern ohnmächtig.
Gott lächelt uns an.
 

 

P.S.: Wenn Sie übrigens das Fenster öffnen und draußen leuchtend rote Plastikkameraden mit Rauschebart erspähen, die sich über Balkone, Fensterbretter, Kamine und Wände langsam doch den Weg zum Wohnzimmer bahnen … machen Sie sich keine Sorgen.
Die stellen nur einen Tag lang eine Gefahr dar. Am nächsten Tag bemerkt jedes kleine Kind, dass die armen Teufel keinen Millimeter weitergekommen sind.

 

Die müssen nämlich draußen bleiben … Das ist der Deal!

 

Theologikus